Die Tour de France 2022 war eine der spannendsten Ausgaben der letzten Jahre. Angriffe, Kämpfe und gebrochene Herzen – Kelbet.de präsentiert euch die denkwürdigsten Momente der Grande Boucle.
Von Kopenhagen nach Frankreich
Einen historischen Moment für die Tour de France gab es schon am großen Start in Kopenhagen. Zum ersten Mal in der Geschichte ging das Rennen in Dänemark los. Strömender Regen und graue Bedingungen entmutigten weder Fahrer noch Fans, die zu Tausenden die Straßen säumten, um den Prolog zu verfolgen. Überraschungssieger und erster Träger des Gelben Trikots war der Belgier Yves Lampaert (Quick-Step Alpha-Vinyl).
Zwei weitere Etappen waren für das Peloton auf dem Programm bevor es nach Frankreich ging und jedes Mal war ein Sprinter erfolgreich. Fabio Jakobsen (Quick-Step Alpha Vinyl) gewann in Nyborg und Landsmann Dylan Groenewegen (BikeExchange-Jayco) sicherte sich den Sieg am nächsten Tag. Auf der 4. Etappe gelang es endlich Wout van Aert (Jumbo-Visma), nach drei zweiten Plätze in Folge, die Ziellinie als erster zu überqueren.
In den folgenden Tagen gab es eine schwere Etappe auf den Kopfsteinpflasterstraßen Nordfrankreichs, wo es nur wenige kürzere Anstiege gab, die ideal für alle Puncheur im Peloton geeignet waren.
Die ersten Bergetappen der Tour de France 2022
Die 7. Etappe der Tour war die erste Etappe, auf der sich die Anwärter auf das Gesamtklassement von dem Fahrerfeld absetzten. Am Ende der furchtbar steilen Planche des Belles Filles gewann Überflieger Tadej Pogacar (UAE-Emirates) nur knapp vor Jonas Vingegaard (Jumbo-Visma). Der Slowene sah an diesem Punkt unschlagbar aus und war sehr komfortabel in seinem Gelben Trikot.
Auf der folgenden Etappen fuhr Wout van Aert in Lausanne zu seinem zweiten Etappensieg auf dieser Tour de France. Die weiteren Tagen waren den Ausreißern gewidmet mit Triumphen für Bob Jungels (AG2R-Citroën) in Châtel Les Portes du Soleil und Magnus Cort Nielsen (EF Education-Easypost). In der Gesamtwertung gab es keine großen Änderungen, denn alle Favoriten hielten sich in den ersten Bergetappen in den Alpen in Schach.
Spannung pur in den Alpen
Die 2. Rennwoche in den Alpen war auch die Bühne für vielleicht die spannendsten Momente der gesamten Tour. Mit den längsten und brutalsten Anstiegen der Tour im Vorfeld der 12. Etappe, der “Königsetappe”, stand der Kampf um Gelb kurz bevor.
Eine der aufregendsten Etappen des gesamten Rennens sah einen Ausreißversuch von Warren Barguil von Arkea Samsic, dem Gewinner des Bergtrikots 2017, der am letzten Anstieg des Tages, dem Col du Granon Serre Chevalier, eingeholt wurde – demselben Berg, der 1986 die Ambitionen von Bernard Hinault auf das Gelbe Trikot vereitelte und es an seinen Teamkollegen Greg LeMond übergab.
Doch an diesem Tag waren alle auf das Gelbe Trikot konzentriert. Das Team Jumbo-Visma hat den jungen Slowenen gleich im Col du Télégraphe unter Druck gesetzt. Primoz Roglic und Jonas Vingegaard attackierten den 23-Jährigen unermüdlich, ohne ihn absetzen zu können. Doch am letzten Anstieg, im Col du Granon, fuhr Jonas Vingegaard an dem erschöpften Barguil vorbei, nachdem er Tadej Pogacar einen Schlag versetzt hatte. Der Däne holte sich den Etappensieg und die Führung in der Gesamtwertung, während Pogacar knapp 3 Minuten einbüßte.
Die 12. Etappe war auf dem Papier bei weitem die Spektakulärste, denn es ging den Col du Galibier hinauf und hinunter, mit einem Ziel auf der mythischen Alpe D’Huez. Der Brite Tom Pidcock (INEOS-Grenadiers) feierte am französischen Nationaltag seinen ersten Erfolg auf der Tour de France.
Der Kampf um das Gelbe Trikot
Nach einem dringend benötigten Ruhetag ging die Tour in ihre 3. und letzte Woche, mit einigen flachen Etappen vor dem finalen Showdown in den Pyrenäen. Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) stürmte im heißen Süden Frankreichs zum Sieg und holte sich seinen ersten Etappensieg bei der Tour de France 2022. Ein großer Moment für den jungen Sprinter, der schon ein paar Male nur knapp geschlagen wurde.
Die 16. Etappe war die letzte Etappe für die Ausreißer und Hugo Houle (Israel-Premier Tech) hat seine Chance genutzt, um den größten Triumph seiner jungen Karriere zu erreichen. Mit nur noch wenigen Renntagen war das Rennen um Gelb noch lange nicht vorbei, denn es standen noch zwei anstrengende Etappen in den Pyrenäen an, bevor eine Flachetappe und ein Einzelzeitfahren nach Paris führten.
Die letzten Etappen
Die Etappen 17 und 18 der Tour de France 2022 sind die letzten Gelegenheiten für die Teams, das Gelbe Trikot anzugreifen, denn es handelt sich um zwei besonders schwere Etappen mit Bergankünften in den Pyrenäen. Die 17. Etappe war nicht arm an Aktion. Mit vier kategorisierten Anstiegen kämpfte Simon Geschke (Cofidis) mit allen Mitteln, um das Bergtrikot zu behalten, während Vingegaard Angriffe von Romain Bardet vom Team DSM, David Gaudu vom Team FDJ und seinem Rivalen Tadej Pogacar abwehren musste. Trotz aller Bemühungen konnte Vingegaard das Rad von dem Slowenen halten und da nur noch eine Bergetappe der Tour ausstand, sah es fast unmöglich aus, den Dänen vom Thron zu schubsen.
Die 18. Etappe führte über drei kategorisierte Anstiege, die letzten drei der Tour, und endete auf dem legendären Hautacam. Der Etappensieg von Vingegaard war der letzte Formtest vor der Ankunft in Paris und bestätigte seinen Sieg im Maillot Jaune. Doch die eigentliche Geschichte dieser Etappe war nicht nur das Kletter-Talent von Vingegaard, sondern auch der aufrichtige Respekt und Sportsgeist zwischen Pogacar und Vingegaard, nachdem der Slowene in einer Abfahrt stürzte. Die diesjährige Tour war nicht arm an Aktion, aber sie hat den Respekt, den diese Fahrer füreinander haben, eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Vingegaard sichert sich das Gelbe Trikot und Philipsen siegt in Paris
Die 19. Etappe der Tour de France verging trotz der fast dreiwöchigen Renndauer in den Beinen der Fahrer in einem erschreckend schnellen Rhythmus. Die Ausreißer verbrachten die meiste Zeit des Tages mit einem knappen Vorsprung vor dem Peloton, da sie vom Feld an der kurzen Leine gehalten wurden. Eine Reihe von Gegenangriffen 2 km vor dem Ziel sorgte für ein spannendes Sprintfinale, in dem Frankreich mit Christophe Laporte (Jumbo-Visma) den ersten Etappensieg der Tour einbrachte. Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) überquerte die Ziellinie als 2. und erreichte damit seinen vierten Podiumsplatz bei der diesjährigen Tour de France.
Als er zum Zeitfahren der Etappe 20 an den Start ging, hatte Jonas Vingegaard einen komfortablen Vorsprung auf den 2. Platzierten Tadej Pogacar. Obwohl er nur von Teamkollegen Wout van Aert geschlagen wurde, nahm der Däne seinem Rivalen weitere 6 Sekunden ab und sicherte sich den größten Erfolg seiner noch jungen Karriere.
Als das Peloton in Paris einfuhr, drehte es die ersten Runden in aller Ruhe, mit vielen Foto- Gelegenheiten und Jubel unter den Fahrern. Etwa 50 km vor dem Ziel begann das Rennen inoffiziell, als Angriffe auf den Kopfsteinpflastern der Champs-Élysées losgingen. Am Ende war erneut Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) der schnellste Mann im Feld und sprintete vor dem Arc de Triomphe zu einem klaren Sieg. Es war ein emotionaler Moment für den jungen Belgier, nachdem er letztes Jahr am selben Ort sich nur knapp geschlagen geben musste und in Tränen ausbrach. Zudem war es der 2. Etappensieg des Belgiers bei der Tour de France und sein erster in Paris überhaupt.