Beim zweiten Grand Slam des Jahres sind Rafael Nadal und Iga Świątek ihrer Favoritenrolle gerecht geworden.
Wie fast die letzten zwei Jahrzehnte endete die French Open mit einem ähnlichen Anblick. Rafael Nadal stemmte die Coupe des Mousquetaires in die Höhe und biss dann in die Trophäe. Der Spanier siegte zum 14. Mal seit 2005 auf dem Sand von Roland-Garros, ein unglaublicher Rekord. Im Finale hatte Newcomer Casper Ruud keine Chance (6-3/6-3/6-0). Am Tag zuvor hatte Iga Świątek die French Open zum zweiten Mal nach 2020 gewonnen. Die Weltnummer 1 aus Polen fegte im Finale die 18-Jährige Coco Gauff brutal in knapp einer Stunde vom Platz (6-1/6-3).
Es gab jedoch noch viele andere interessante Aspekte in der diesjährigen Ausgabe des Pariser Turniers. Kelbet.de wirft ein Blick zurück auf die wichtigsten Ereignisse der French Open 2022.
Nadal ist wieder “König auf Sand”
Vor 12 Monaten verlor Rafael Nadal in einem packenden Viersatzmatch gegen Novak Djokovic im Halbfinale. Nach dieser Niederlage sah es so aus, als wäre es der Anfang vom Ende für den Spanier. Er spielte nach Roland-Garros nur noch ein weiteres Turnier, aber verlor bei den Citi Open in Washington im Achtelfinale gegen Lloyd Harris. Danach musste sich der 36-Jährige wegen einer Fußverletzung vom Rogers Cup in Toronto zurückziehen.
Der Stier von Manacor wurde am Fuß operiert, was Zweifel an seiner Zukunft im Tennis aufkommen ließ. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz kehrte Nadal 2022 zurück und gewann die Australian Open sowie den Titel in Mexiko. Im Finale vom Masters 1000 in Indian Wells erlitt Nadal eine Rippenverletzung und musste sich damit eine verkürzte Vorbereitung auf Sand zu legen, denn er verpasste die Turniere von Monte-Carlo und Barcelona.
Beim Heimturnier in Madrid unterlag der Mallorquiner im Viertelfinale Youngster Carlos Alcaraz. Knapp drei Wochen vor den French Open schmerzte ihm seine langwierige Fußverletzung erneut im Achtelfinale gegen Denis Shapovalov in Rom. Deshalb reiste Nadal nicht als Favorit in die französische Hauptstadt, was lächerlich erschien, wenn man bedenkt, dass er bereits 13 Titel bei diesem Turnier gewonnen hatte.
Nadal bewies jedoch, dass man ihn niemals abschreiben darf, als er sich durch eine schwierige Auslosung kämpfte und seinen 14. Titel in Roland-Garros und seinen 22. Grand Slam Titel errang. Es war zwar keine leichte Sache, denn er musste im Achtelfinale Felix Auger-Aliassime in fünf Sätzen besiegen, bevor er sich in einem epischen Duell an Novak Djokovic rächen konnte. Ein wenig Glück hatte er gegen Alexander Zverev, der ihn ans Limit trieb, denn der Deutsche zog sich am Ende des zweiten Satzes ihrer Halbfinalpartie eine schlimme Knöchelverletzung zu. Im Finale gewann der Spanier routiniert gegen Casper Ruud und holte sich seinen Status als „König auf Sand“ zurück, den er allerdings nie verloren hatte.
Was seinen jüngsten Erfolg bei der French Open noch bemerkenswerter macht, ist die Tatsache, dass Nadal trotz seiner Schmerzen spielen musste. Er erklärte nach dem Turnier, dass er nach seinem 2-Runden Match gegen Corentin Moutet nicht mehr laufen konnte und mit Infiltration spielen musste. Seine Fußverletzung ist immer noch vorhanden, was die Frage aufwirft, wie viel Zeit ihm noch auf der Tour bleibt. Aber unabhängig davon, wie es weitergeht, wird dieser Sieg für Nadal ein sehr Besonderer sein.
Alle mehrfachen French Open Sieger in der Open Ära
Anzahl | Spieler | Jahre |
---|---|---|
14 | Rafael Nadal (Spanien) | 2005, 2006, 2007, 2008, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2017, 2018, 2019, 2020, 2022 |
6 | Bjorn Borg (Schweden) | 1974, 1975, 1978, 1979, 1980, 1981 |
3 | Mats Wilander (Schweden) | 1982, 1985, 1988 |
3 | Ivan Lendl (Tschechoslowakei) | 1984, 1986, 1987 |
3 | Gustavo Kuerten (Brasilien) | 1997, 2000, 2001 |
2 | Jan Kodes (Tschechoslowakei) | 1970, 1971 |
2 | Jim Courier (USA) | 1991, 1992 |
2 | Sergi Bruguera (Spanien) | 1993, 1994 |
2 | Novak Djokovic (Serbien) | 2016, 2021 |
Mit Świątek hat die WTA-Tour eine neue Nummer 1
Lange Zeit wurde das Frauentennis für seine Unbeständigkeit und Unberechenbarkeit kritisiert. In den letzten paar Jahren sah es so aus, als hätte Ashleigh Barty diesem Gerede ein Ende gesetzt. Doch nach ihrem Sieg bei der Australian Open im Januar verkündete die 26-Jährige ihren schockierenden Rücktritt.
Nach Bartys Rücktritt stand die große Frage offen, wer in ihre Fußstapfen treten würde. Die Fans mussten nicht lange auf die Antwort warten, denn Iga Świątek übernahm die Dominanz der Australierin auf der WTA-Tour. Die Polin hat seit ihrem Halbfinal-Aus bei der Australian Open eine bemerkenswerte Serie von 35 Spielen ohne Niederlage hingelegt und glich somit die Bestmarke von Venus Williams im 21. Jahrhunderts aus. Dabei holte sich Świątek sechs Titel in Folge, darunter vier Masters 1000, und ihren zweiten French-Open-Titel nach 2020.
Die 21-Jährige wurde ihrer Favoritenrolle gerecht und gab auf dem Weg zum Finalsieg gegen die amerikanische Teenagerin Coco Gauff nur einen Satz ab. Obwohl das Damentennis immer noch für Überraschungen sorgt, wie Halbfinalisten Martina Trevisan und Daria Kasatkina, ist kein Zweifel mehr erlaubt, dass Świątek die neue Hauptfigur der WTA ist.
Alle mehrfache French Open Siegerinnen in der Open Ära
Anzahl | Spielerin | Jahre |
---|---|---|
7 | Chris Evert (USA) | 1974, 1975, 1979, 1980, 1983, 1985, 1986 |
6 | Steffi Graf (Deutschland) | 1987, 1988, 1993, 1995, 1996, 1999 |
4 | Justine Henin (Belgien) | 2003, 2005, 2006, 2007 |
3 | Margaret Court (Australien) | 1969, 1970, 1973 |
3 | Monica Seles (Jugoslawien) | 1997, 2000, 2001 |
3 | Arantxa Sánchez Vicario (Spanien) | 1989, 1994, 1998 |
3 | Serena Williams (USA) | 2002, 2013, 2015 |
2 | Martina Navratilova (USA) | 1982, 1984 |
2 | Maria Sharapova (Russland) | 2012, 2014 |
2 | Iga Świątek (Polen) | 2020, 2022 |
Bitteres Aus für Zverev
Alexander Zverev hat fast alles in seiner noch jungen Karriere gewonnen: Zwei Masters Siege, das Olympia-Gold in Tokio und mehrere Masters 1000 Titel. Er war der erste „Nachwuchsstar“, dem der Gewinn eines Grand-Slam-Titels zugetraut wurde, doch der 25-jährige Deutsche wartet immer noch auf seine erste Trophäe.
Zverev hatte anfangs Schwierigkeiten, sich bei Grand Slams durchzusetzen, doch in den letzten Jahren war er ziemlich konstant. Bei den diesjährigen French Open erreichte er das Halbfinale und seiner Meinung nach hätte er den Titel gewinnen können. Der Deutsche setzte Rafael Nadal im Halbfinale mächtig unter Druck und hätte den ersten Satz nach einem eineinhalb Stunden Duell eigentlich gewinnen müssen. Der zweite Satz war hart umkämpft, bis Zverev sich am Knöchel verletzte und aufgeben musste. Vor seinem Ausscheiden war für den Deutschen noch alles möglich. Doch für Zverev heißt es weiterhin: „So nah und doch so fern“.
Roland-Garros: Ein Event für Überraschungen
Auch wenn die beiden Titel an die üblichen Verdächtigen gingen, war es dennoch ein Turnier voller Überraschungen. Bei den Damen hatte die Italienerin Martina Trevisan einen märchenhaften Lauf und zog ins Halbfinale. Doch schon die ersten Runden sorgten für Furore bei den Favoritinnen. Ons Jabeur und Barbora Krejcikova sahen das Aus gleich in der ersten Runde. Im Achtelfinale blieb nur Iga Świątek als einzige Spielerin aus den Top 10 der Weltrangliste übrig, denn auch Maria Sakkari, Paula Badosa, Aryna Sabalenka, Anett Kontaveit, Danielle Collins, Karolina Pliskova und Garbine Muguruza schieden sehr früh aus.
Niemand hätte vorhergesagt, dass Coco Gauff sich für das Finale qualifizieren würde. Man vergisst oft, dass die Amerikanerin erst 18 Jahre alt ist, aber bereits eine der besten Spielerinnen der Welt ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie ihr erstes großes Turnier gewinnt.
Auch bei den Männern gab es ein paar Überraschungen. Die größte ist vielleicht der Sieg von Holger Rune gegen den Finalisten von 2021, Stefanos Tsitsipas, im Achtelfinale. Marin Cilic erreichte zum ersten Mal das Halbfinale in Paris mit Erfolgen gegen Daniil Medvedev und Andrey Rublev. Der Finaleinzug von Casper Ruud war auch nicht zu erwarten, obwohl er in den letzten zwei Jahren zu den besten Spielern auf Sand gehört.
Die French Open 2022 hatten es wirklich in sich. Als Nächstes steht eine glorreiche Exhibition namens Wimbledon an.