Die Tour de France startet am 1. Juli in Kopenhagen, Dänemark. Alle Infos über die schwierige Strecke, die Favoriten auf das Gelbe Trikot und mehr erfahrt ihr in diesem Beitrag!
„La Grande Boucle“ oder einfach „Le Tour“, das größte Radrennen der Welt startet wie gewöhnlich Anfang des Sommers, am 1. Juli. In diesem Jahr beginnt die Tour de France auch wie der Giro d’Italia im Ausland, und zwar in Kopenhagen, der dänischen Hauptstadt. Die zweite Grand Tour der Saison bietet eine harte Strecke durch die Alpen und Pyrenäen, wo Sprinter, Kletterer und die besten Rennfahrer für ihre Gesamtwertung über insgesamt drei Wochen (vom 1. Juli zu 24. Juli) kämpfen werden.
Die Tour de France 2020 war eine Ankündigung, letztes Jahr galt die Krönung des neuen Königs des Radsport. Der Slowene Tadej Pogačar (UAE Team Emirates) dominierte das Rennen von Anfang an und ließ seinen Konkurrenten keine Chance. Er gewann drei Etappen, die Gesamtwertung (Gelbe Trikot), die Bergwertung (Gepunktetes Trikot) und die Nachwuchswertung (Weißes Trikot). Niemand kam auch nur annähernd an den damals 21-Jährigen heran. Deshalb stellt sich jeder diese Frage: Kann jemand Tadej Pogačar besiegen?
Die diesjährige Strecke
Die Tour 2022 beginnt in Dänemark mit einem kurzen Einzelzeitfahren (13 km) in der Hauptstadt Kopenhagen. Seit 2017 wurde nicht mehr mit einem Einzelzeitfahren eröffnet, damals gewann Geraint Thomas in Düsseldorf. Danach folgen zwei flache Küsten Etappen, auf denen Wind und Regen eine Rolle spielen könnten. Die Favoriten in der Gesamtwertung müssen hier besonders aufmerksam sein, um keine wertvolle Zeit zu verlieren.
Nach einem Ruhetag am Montag geht es nach Frankreich, wo Kopfsteinpflaster (5. Etappe) auf das Peloton warten. Auch hier müssen sich die Anwärter auf das Gelbe Trikot in Acht nehmen, während die Paris-Roubaix-Spezialisten eine seltene Gelegenheit zum Etappensieg haben. Außerdem steht auf dem Menü der ersten Woche eine Bergankunft auf der Super Planche des Belles Filles (7. Etappe). Die letzten Meter des 7 km langen Anstiegs führen über eine Kies-Rampe, die absurde 24 % erreicht, und gilt somit als erste große Prüfung für die Favoriten.
Für das Peloton geht es in der zweiten Woche in die Alpen. Vier Bergetappen stehen auf dem Programm, unter anderem die mächtige 11. Etappe mit einem furchterregenden Trio von Anstiegen: Col du Télégraphe, Col du Galibier und Col du Granon. Dieser letzte Anstieg hat eine durchschnittliche Steigung von 9,2 % über 11,3 km. Mit ein paar ikonischen Anstiegen geht es am nächsten Tag weiter. Auf der 12. Etappe müssen die Fahrer neben dem Col du Galibier und dem Col de la Croix de Fer auch die berühmte Alpe d’Huez bezwingen, dessen 21 Kehren seit 2018 nicht mehr absolviert wurden.
In der dritten Woche gibt es zwei Bergankünfte in den Pyrenäen. Die 17. Etappe ist eine der anspruchsvollsten der Tour de France. Der Col d’Aspin ist der erste von vier kategorisierten Anstiegen, die auf den letzten 75 km der 130 km langen Etappe zu bewältigen sind, bevor die Fahrer nach Peyragudes (8 km, 7,8 %) für den Etappensieg kämpfen. Die Favoriten auf das Gelbe Trikot müssen aber ein paar Kräfte für den folgenden Tag sparen, denn für das Peloton geht es nach Hautacam, ein Anstieg der im Durchschnitt 7,8 % auf 13,6 km aufweist, zum ersten Mal seit 2014. Davor liegen auch zwei härte Stücke mit dem Col d’Aubisque (16,4 km, 7,1 %) und dem Col de Spandelles (10,3 km, 8,3 %). Am vorletzten Tag der Tour gibt es ein 40 km langes Zeitfahren, das, so wie 2020 auf der Planche des Belles Filles, die Entscheidung im Klassement bringen könnte.
Alle Favoriten zum Sieg
Der zweimalige Titelverteidiger Tadej Pogačar ist der haushohe Favorit für die Tour de France 2022 und hat schon erklärt, dass dieses Rennen der Höhepunkt seiner Saison wäre. Mit einem erneuten Sieg in Frankreich könnte der Slowene der erste Fahrer seit Chris Froome (2015, 2016, 2017) werden, der das Gelbe Trikot drei Jahre in Folge gewinnt.
Überlegen war er schon bei seinen zwei Triumphen in den Jahren 2020 und 2021 und er hat zu Start dieser Saison gezeigt, dass es auch dieses Jahr unglaublich schwer wird, ihn zu schlagen. Souverän in den Bergen, glänzend beim Einzelzeitfahren und auch stark auf den Kopfsteinpflastern, wie er es auf der Flandern-Rundfahrt gezeigt hat, Tadej Pogačar ist auf allen Terrains zu Hause. Um den Hattrick perfekt zu machen, kann die Radsport-Sensation auf ein sehr starkes UAE Emirates Team zählen. Mit Matej Mohoric, Marc Soler und George Bennett sollte er genug Unterstützung haben.
Landsmann Primoz Roglic (Jumbo-Visma) hat mit der Tour de France eine Rechnung offen. 2020 verlor er das Gelbe Trikot im letzten Einzelfahren auf der Planche des Belles Filles am Tag vor der Ankunft in Paris. Letztes Jahr musste der Slowene nach einem schweren Sturz die Tour verlassen. 2022 soll es der 32-Jährige endlich richten.
Der dreifache Vuelta-Sieger (2019, 2020, 2021) hat alle Trümpfe in der Hand, um sich durchzusetzen: eine unbestreitbare Qualität als Rouleur – er holte Gold bei den Olympischen Spielen von Tokio im Einzelzeitfahren, viel Erfahrung und eine gute Form in dieser Saison, wie sein Sieg bei Paris-Nizza beweist. Wie auch sein großer Konkurrent Pogačar, hat Roglic erstklassige Hilfe in den Bergen zu Verfügung: Steven Kruijswijk, Wout Van Aert, Sepp Kuss und schließlich Jonas Vingegaard.
Wenn Primoz Roglic nicht die erhoffte Form zeigt, kann sich Jumbo-Visma auf den Dänen Jonas Vingegaard verlassen – wie 2021, wo er sich überraschend den zweiten Platz hinter Tadej Pogačar sicherte. Der 26-jährige Däne will auch dieses Jahr glänzen, umso mehr, weil die Tour in seinem Heimatland startet.
Seit 2015 stand jedes Jahr ein Fahrer vom Team Ineos Grenadiers bei der Tour de France auf dem Podium. Egan Bernal, der 2019 auf der Grande Boucle triumphierte, sollte zur Tour de France zurückkehren, nachdem er letztes Jahr nicht dabei war. Der Kolumbianer konzentrierte sich auf die zwei anderen grossen Rundfahrten des Radsport-Kalenders: Er siegte auf dem Giro d’Italia und wurde Sechster bei der Vuelta a España. Wie stark der 25-Jährige dieses Jahr auftreten wird, ist zwar noch fraglich, denn er ist noch in einer strengen Rehaphase. Bernal hatte sich Ende Januar beim Training mehrere Knochenbrüche zugezogen und beide Lungenflügel perforiert.
Im selben Team gilt Adam Yates als ein weiterer Außenseiter, den man nicht unterschätzen sollte. Der Brite hat sich über die Jahre bei den großen Rundfahrten sehr konstant erwiesen und ist damit einer der Favoriten für die Tour de France. Er wird wahrscheinlich das Team Ineos Grenadiers mit Egan Bernal anführen.
Der 29-Jähriger ist stark in die Saison gestartet, mit einem vierten Platz bei Paris-Nizza und einem zweiten Platz bei der UAE Tour hinter Pogačar. Er ist auf der Tour wunderbar begleitet: Geraint Thomas, der die Grande Boucle 2018 gewann, und Daniel Martinez, der sich in den Bergen immer sehr wohl fühlt. Auch wenn es schwierig sein wird, mit den beiden Slowenen Pogacar und Roglic zu konkurrieren, könnte Yates für eine dicke Überraschung sorgen.
Unsere Prognose
Wer wenn nicht Tadej Pogačar? Alles deutet auf einen weiteren Sieg des jungen Slowenen an. Obwohl sich das vielleicht verrückt anhört, scheint der 23-Jährige noch stärker als letztes Jahr zu sein, wo er schon die Tour de France extrem dominierte. Pogačar startete 2022 bärenstark und gewann fast alle Rennen, an denen er teilnahm: die Tour der Vereinigten Arabischen Emirate, mit Siegen auf der 4. und 7. Etappe, die Strade Bianche und die Tirreno-Adriatico, mit Siegen auf der 4. und 6. Etappe. Die Konkurrenz blieb am Start der Saison chancenlos gegen Pogi. Auch wenn er bei den Frühjahrs-Klassikern nicht gewinnen könnte, sah der Slowene ziemlich stark auf ungewohntem Terrain aus.
Wenn er in Bestform ist, und das scheint immer häufiger der Fall zu sein, ist Pogačar wahrscheinlich der allerbeste im Peloton. Bei einer dreiwöchigen Tour können viele unvorhersehbare Ereignisse eine Rolle spielen: ein Sturz, ein mechanisches Problem oder eine Verletzung. Aber der Fahrer des Team UAE Emirates scheint unschlagbar. Klettern, Zeitfahren, er kann einfach alles. Er kann sich auch auf ein starkes Team verlassen und die letzten Monate/Jahre haben gezeigt, dass er mit dem Druck, obwohl er noch sehr jung ist, wunderbar umgehen kann.