Die Ronde van Vlaanderen findet am Sonntag, den 3. April, statt. Die Schwierigkeit der Strecke, die Namen der Top Favoriten und unsere Prognose erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Die Flandern-Rundfahrt ist eines des legendärsten und prestigeträchtigsten Rennen im gesamten Radsportkalender. Dieses Jahr findet der berühmte belgische Frühjahrsklassiker am Sonntag, dem 3. April, statt, wobei das Frauenrennen am selben Tag folgt.
Viele Fahrer betrachten die Flandern-Rundfahrt (auch bekannt als “Ronde van Vlaanderen”) als das härteste Eintagesrennen im Kalender. Die engen Straßen in den Ardennen, die Kopfsteinpflaster Sektoren und die kurzen aber steilen Anstiege, die sogenannten Hellingen, machen diese Strecke so anspruchsvoll. Außerdem führen die unvorhersehbaren Bedingungen des Frühjahrs zu einem sehr nervösen Rennen. Strategische Positionskämpfe sind bei der Flandern-Rundfahrt von größter Bedeutung, um in der Lage zu sein, für den Sieg mitzumischen.
Die diesjährige Strecke
Das Peloton startet dieses Jahr erneut in der belgischen Großstadt Antwerpen. Ab 2023 aber wird es einen jährlichen Wechsel zwischen Antwerpen und dem ehemaligen Startort Brügge geben. Andererseits steigt die Renndistanz von 254,3 auf 272,5 Kilometer. Kleine Änderungen gibt deshalb auch in der Strecke.
Zum Beispiel umgehen die Fahrer im flachen Abschnitt den Katteberg und beklettern stattdessen zum ersten Mal am Tage den furchteinflößenden Oude Kwaremont, der nach 136 km auch der erste Anstieg von insgesamt 18 km sein wird. In vier der letzten fünf Ausgaben der Flandern-Rundfahrt gelang die siegreiche Attacke im Oude Kwaremont, ein 2,2 km langer Anstieg mit einer maximalen Steigung von 10 %. Interessanterweise wurden in der Vergangenheit Siege sowohl am zweiten als auch am dritten Anstieg des Oude Kwaremonts errungen, was beweist, dass nicht alles verloren ist, wenn man die ersten Angriffe verpasst.
Was sich nicht ändert, ist die Passage von drei weiteren Kopfsteinpflaster Sektoren, dem Holleweg, der Kerkgate und der Jagerij. Danach stehen schon die letzten 55 Kilometer auf dem Programm, einem in Hellingen geprägten Finale. Der Paterberg ist zwar kurz (nur 0,4 km), aber sehr steil, mit Steigungen von bis zu 20 %. Was diesen Anstieg schwierig macht, ist, dass er auf dem Parcours jedes Mal dem Oude Kwaremont folgt. Er wird zweimal in Angriff genommen : 51 km und 13 km vor dem Ziel. Der letzte Sprint zur Ziellinie führt über 13 km auf flachen Straßen. Traditionell bleiben an diesem Zeitpunkt des Rennens nur ein oder zwei Fahrer übrig, die sich von den Verfolgern absetzen konnten.
Alle Favoriten zum Sieg
Im vergangenen Jahr gewann Kasper Asgreen (Quick-Step Alpha Vinyl) die Flandern-Rundfahrt vor Mathieu van der Poel (Alpecin-Fenix). Der Däne setzte sich nach einem toll angesetzten Zielsprint durch. Beide Fahrer sollten auch in diesem Jahr um den Sieg mitmischen, ebenso wie Wout Van Aert (dritter in 2021), der diesen Frühjahrs-Klassiker noch nie gewonnen hat, obwohl er perfekt dafür geeignet ist.
In der Geschichte haben nur 17 Fahrer das Kunststück vollbracht, dieses Rennen mehrfach zu gewinnen. Alberto Bettiol (EF Education-EasyPost) könnte solche Ehre für sich beanspruchen, sofern es ihm seine Fitness zulässt. Der Italiener erholte sich erst vor kurzem von einer Covid Infektion und ist vielleicht noch zu geschwächt, um einen zweiten Sieg anzustreben. Sollte er sich richtig wohlfühlen, gehört der 28-Jährige zu den Top-Anwärtern.
Das belgische Team Quick-Step Alpha Vinyl hat drei der letzten fünf Flandern-Rennen für sich entscheiden können. Mit dem Titelverteidiger Kasper Asgreen im Kader und dem mehrfachen Top-Ten-Fahrer Yves Lampaert wird das Team wie gewohnt um den Titel mitfahren.
Weltmeister aus Frankreich Julian Alaphilippe, der bei den Frühjahrs-Klassiker immer glänzt, verzichtet diese Saison auf die Ronde. Ineos Grenadiers bringt das britische Duo Tom Pidcock und Ethan Hayter als Teil ihrer ersten Saison in einer neuen und verbesserten Klassiker-Einheit auf die Ronde. Trek-Segafredo hat durch Fahrer wie Jasper Stuyven, Mads Pedersen und möglicherweise sogar den jungen Amerikaner Quinn Simmons Chancen, vorne mitzumischen.
Dieses Jahr geht Tadej Pogačar (UAE-Emirates) zum ersten Mal in seiner Karriere an den Start. Interessant wird es auf jeden Fall zu sehen, wie sich der zweifache Tour-Sieger auf den Kopfsteinpflasterstraßen schlägt. Sonny Colbrelli (Bahrain Victorious) gewann letztes Jahr die “Hölle des Nordens” bzw. Paris-Roubaix, und bewies damit, dass er die Kopfsteinpflaster beherrschen kann. Mit der Unterstützung seines slowenischen Teamkollegen Matej Mohorič, der vielleicht sogar selbst um den Sieg mitfahren wird, könnte der europäische Meister seine beste Leistung (Platz 10 in 2017) deutlich verbessern.
Alexander Kristoff (Intermarché-Wanty-Gobert) gelang es in den letzten fünf Jahren, dreimal in die Top 5 zu fahren, 2019 und 2020 wurde er Dritter. Somit könnte er also ein Außenseiter sein, den man klar im Auge behalten sollte. Das gilt auch für Anthony Turgis von Total Energies, der in den letzten beiden Jahren in den Top 10 landete und der in die Ardennen, nach seinem tollen zweiten Platz auf der Strade Bianche, mit viel Selbstbewusstsein anreist; im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Peter Sagan, der sich bislang nach seinem Wechsel von Bora-Hansgrohe nicht zurechtzufinden scheint und zu Beginn der Saison enttäuscht.
Unsere Prognose
Die Flandern-Rundfahrt ist einer der härtesten Rennen des Radsportkalenders. Ungewöhnlich ist es, dass ein echter Außenseiter triumphiert. Die letzten Jahre haben bewiesen, dass sich nach knapp 250 km immer der stärkste Mann durchsetzt.
Bei den letzten 105 Ausgaben des Rennens hat 69 Mal ein Belgier gewonnen. Allerdings haben in den letzten zehn Jahren nur zwei Fahrer, Tom Boonen 2012 und Philippe Gilbert 2017, für Belgien gewonnen, und es gibt nichts, was das Gastgeberland mehr lieben würde als einen erneuten Heimsieg.
Wout van Aert wird wieder einmal die Erwartungen der belgischen Fans und Medien auf seinen Schultern tragen. Vor ein paar Tagen hat er bei der E3 Saxo Bank Classic, das als Generalprobe für die Flandern-Rundfahrt gilt, eine Botschaft an die Konkurrenz mitgeteilt. Mit einem Angriff auf dem Paterberg, 40 Kilometer vor dem Ziel, haben Wout van Aert und Teamkollege Christophe Laporte dem Peloton keine Chance gelassen.
Am Ende setzte sich der Belgier souverän durch und bewies einmal mehr, dass er zu den besten Rennfahrern der Welt zählt. Nach einem für ihnen sehr enttäuschenden dritten Platz letztes Jahr sollte es Van Aert dieses Mal richten. Wenn er seine diesjährige Form beibehalten kann und auf ein starkes Team zählen kann, glauben wir, dass er die Hoffnungen einer ganzen Nation erfüllen kann und den Sieg erringen wird.